I wie Innere Sicherheit

Als Sicherheitssprecher gehöre ich nicht nur dem Verteidigungsausschuss des Europa-Parlaments an, sondern auch dem Innenausschuss. Der Innenausschuss ist einer der arbeitsintensivsten Ausschüsse mit einer sehr dichten Agenda. In diesem Rückblick samt Ausblick konzentriere ich mich auf zwei Themenfelder:

Neues europäisches Asylrecht

Das Procedere zur Schaffung oder Erneuerung von EU-Regeln sieht vor, dass zuerst die EU-Kommission einen Vorschlag macht; und dass dann im Abstimmungs- und Verhandlungsweg der Europäische Rat (wo die mitgliedsstaatlichen Regierungen vertreten sind) und das Europa-Parlament (wo wir die Bürgerinnen und Bürger vertreten) zu einem Ergebnis kommen.

Nach Verzögerungen – die aufgrund der Pandemie bis zu einem gewissen Grad verständlich sind – hat die EU-Kommission im September ihren Vorschlag für das neue europäische Asylrecht vorgelegt. Damit hat die intensive Auseinandersetzung mit der Materie im Europa-Parlament begonnen, konkret im Innenausschuss des Europa-Parlaments. Ich durfte dazu unter anderem beim deutschen TV-Kanal Das Erste bei Maischberger diskutierten. Hier findet sich das Video dazu:

https://www.daserste.de/information/talk/maischberger/videos/maischberger-die-woche-video-436.html

Mehrere Aspekte des Kommissionsvorschlags sind sehr zu begrüßen. Besonders jener, dass nach Jahren von Debatten in vielen Mitgliedsstaaten und auch auf der Europaebene, die teils weder sach- noch menschengerecht waren, sondern ideologisiert und sehr „eurozentristisch“, der Fokus des Kommissionsvorschlag klar und deutlich auf dem Asylrecht liegt. Denn letztlich geht es genau darum:

Das Asylrecht wurde oft als „heiliges Recht“ bezeichnet. Und das ist durchaus ein zutreffender Ausdruck. Recht auf Asyl steht Menschen zu, auf die bestimmte Faktoren zutreffen, etwa die Verfolgung. Seit dem Beginn der Migrationskrise vor fünfeinhalb Jahren hat der Anteil jener Menschen unter den vor Europa Ankommenden, die nicht über ein Recht auf Asyl verfügen, dramatisch zugenommen.

Das führt zu einer ganzen Reihe von Problemen: besonders für jene, die das Recht auf Asyl haben. Denn für die Zuerkennung dieses Rechts ist ein rechtsstaatliches Verfahren notwendig. Wenn immer mehr Menschen in einem solchen Verfahren sind, steigt die Verfahrensdauer immer mehr. Das heißt: Jene, die Recht auf Asyl haben, müssen sehr, sehr lange warten, bis es zuerkannt wird. Und auch die große Mehrheit jener, die dieses Recht nicht haben, müssen lange warten und verlieren wertvolle Lebenszeit.

Und manche, die sich auf den Weg nach Europa machen, verlieren sogar ihre Leben. Es macht mich traurig und manchmal auch zornig, dass die Verantwortlichen dafür so schwer zu fassen sind. Es sind die Verbrecher der organisierten Schlepperkriminalität, die sich des abscheulichen Verhaltens schuldig machen, Menschen falsche Vorstellungen von Möglichkeiten in Europa zu vermitteln, ihnen für eine illegale Reise an unsere Außengrenzen viel Geld abzunehmen, und diese Reise dann zu einer Bedrohung von Leib und Leben werden zu lassen, etwa auf defekten Schiffen.

Der Vorschlag der EU-Kommission enthält durchaus vernünftige Vorschläge zur Verkürzung der Asylverfahren sowie zur Rückstellung jener Mehrheit, die nicht über ein Recht auf Asyl verfügen. Hier kommt der Gedanke der Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten zum Tragen. Mit Recht wurde jahrelang eingefordert, dass nicht jene Mitgliedsstaaten, die an betroffenen EU-Außengrenzen liegen, wie Italien oder Griechenland; oder jene, die als besonders attraktive Ziele gelten, wie Österreich, Deutschland oder Schweden; oder jene, die durch ihre geografische Lage stets von Migrationsbewegungen betroffen sind, zu denen ebenfalls Österreich gehört; mit der Bewältigung der Migrationskrise nicht allein gelassen werden dürfen. Vielmehr sollten alle Mitgliedsstaaten mitwirken, solidarisch eben. – Die EU-Kommission benennt als Form der Solidarität besonders die Unterstützung bei der Rückführung von Migrantinnen und Migranten ohne Recht auf Asyl oder anderen Aufenthaltstitel. Denn es ist eine Tatsache, dass die Rückführung heute in vielen Fällen schlicht und einfach nicht klappt, sie unterbleibt dann. Auch das kostet die Betroffenen wertvolle Lebenszeit.

Woran ich parlamentarisch arbeite, ist, dass der Begriff der Solidarität weiter gefasst wird und dass wir als EU die Herausforderung ganzheitlich annehmen. Das heißt, dass wir

  • Fluchtursachen bekämpfen müssen, damit Menschen erst gar nicht entwurzelt werden;
  • die organisierte Schlepperkriminalität unterbinden müssen, damit der Migrationskrise der kriminelle Nährboden entzogen wird;
  • den Außengrenzschutz verbessern müssen, damit es nicht mehr zu illegalen Grenzübertritten kommen kann;
  • die Zusammenarbeit sowohl mit Herkunftsstaaten als auch mit europäischen Staaten außerhalb der EU stärken müssen;
  • aktiv an der Integration in Europa arbeiten müssen, was viel mit dem Selbstverständnis unserer Werte wie jener der Menschenwürde und der Freiheitsrechte, der liberalen Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit, der Gleichberechtigung, der Religionsfreiheit und der Eigenverantwortung zu tun hat.

Entlang dieser Orientierungspunkte werde ich mich auch 2021 an den einschlägigen Verhandlungen beteiligen.

Kampf gegen den Terror

Durch Anschläge in Frankreich und dann bei uns in Österreich wurden auch jene im Europa-Parlament, die sich der einschlägigen Gefahren möglicherweise nicht ausreichend bewusst waren, in tragischer Weise an die Bedeutung der Erhaltung der Einigkeit der europäischen Gesellschaften auf der Basis der europäischen Werte erinnert.

Der Kampf gegen den Terror und dessen ideologischen Nährboden nimmt eine zentrale Rolle der aktuellen parlamentarischen Arbeit ein und wird auch 2021 ganz oben auf der Prioritätenliste bleiben. Ich sage und betone seit vielen Jahren, dass der Islam und der Islamismus zu unterscheiden sind, dass für eine Religion das Recht auf Religionsfreiheit gilt, dass sich eine menschenverachtende und brutale Ideologie wie der politische Islam aber nicht durch Missbrauch religiöser Gefühle und Symbole hinter der Religionsfreiheit verstecken und unmenschliche islamistische Gewaltakte verüben darf. Das gehört unterbunden. Hier findet sich eine der jüngeren Presseaussendungen dazu:

https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20201106_OTS0093/oevp-mandl-religionsfreiheit-garantieren-islamismus-bekaempfen

Der islamistische Terrorismus ist brandgefährlich. Was ihn noch gefährlicher macht, ist die Verknüpfung mit der Ideologie des politischen Islam. Daher gilt es, dem Terror den Nährboden zu entziehen, indem bei dieser Ideologie angesetzt wird, die sich gegen unsere demokratische Rechtsordnung und insgesamt gegen menschliche Zivilisation richtet. Die Unterwanderung unserer Werte und islamistische Radikalisierung haben in Europa keinen Platz, und sollten weltweit keinen haben. Die Hausaufgaben reichen von Maßnahmen bei der Integration im Alltag über den Religionsunterricht und die Aktivitäten in Moscheen und Gebetshäusern bis hin zur Unterbindung der Geldflüsse, die Terrornetzwerke aufrechterhalten und so gefährlich machen.

Hier findet sich mein Interview auf BBC, das ich unmittelbar nach dem Anschlag in Wien gegeben habe, aus dem klar hervorgeht, dass Terrorismus in Europa seine Ziele niemals erreichen wird:

Woran ich parlamentarisch mitwirke ist etwa die Verbesserung der Zusammenarbeit der Ermittlungsbehörden sowie – sehr grundlegend und zentral! – die Einrichtung einer EU-Beobachtungsstelle zum politischen Islam. Österreich und Deutschland verfügen bereits über solche Beobachtungsstellen. Eine parlamentarische Aufforderung zur Einrichtung einer solchen Stelle schon Monate vor den Anschlägen in Frankreich und Österreich, die von zwei Kolleginnen und mir gekommen war, hatte die EU-Kommission leider zunächst negativ beurteilt. Hier ist ein Umdenken dringend und wichtig, spätestens jetzt. Hier finden sich Details dazu:

Ich wende mich zusammen mit denselben Kolleginnen – Lena Düpont und Monika Hohlmeier – auch mit allen parlamentarischen Mitteln gegen EU-Förderungen für so genannte „Studien“, deren Inhalt darauf abzielt, den politischen Islam durch Vermischung mit dem Islam als Religion zu verharmlosen und jene, die Europas Werte vertreten, zu verunglimpfen. Hier finden sich dazu Details:

Und immer wieder sei betont, dass Europa nur dann europäisch agiert, wenn es mit aller Kraft – und auch mit der Kraft der Staatsgewalt! – gegen den politischen Islam und den Islamismus vorgeht, und gleichzeitig die Religionsfreiheit hochhält.

Gläubige Juden, Christen und Muslime möchten genauso wie die Mehrheit aller Menschen Frieden und Zivilisation, nicht Gewalt und die Barbarei der Islamisten. Zu glauben oder auch nicht zu glauben: Das Recht dazu verteidigt der Grundsatz der Religionsfreiheit! Sie ist ein unverzichtbarer, aufgeklärter Bestandteil unserer heutigen Zivilisation. Daher gilt es, mit Europas Beitrag weltweit für Religionsfreiheit zu kämpfen und innerhalb Europas die Religionsfreiheit zu verteidigen.

Auch hier habe ich lange vor den jüngsten Anschlägen parlamentarische Initiativen in Richtung der EU-Kommission gesetzt, um die EU-Sonderbeauftragung für Religionsfreiheit zu erneuern sowie in ihrem Mandat und ihren Ressourcen zu stärken. Die EU-Kommission hat sehr zögerlich reagiert, aber jetzt ist Bewegung in der Sache. Hier finden sich dazu Details:

https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20201106_OTS0093/oevp-mandl-religionsfreiheit-garantieren-islamismus-bekaempfen

8. Dezember 2020 Blog "Studien", Asylrecht, Außengrenzschutz, BBC, Entwurzelung, EU-Beobachtungsstelle zum politischen Islam, Innere Sicherheit, Integration, Islamismus, Maischberger, Neues europäisches Asylrecht, Religionsfreiheit, Schlepperkriminalität, Sicherheitssprecher, terror

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Bild: Lukas Mandl
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