Dieser Artikel thematisiert in Wahrheit eine der wichtigsten Stärken Europas und damit einen der großen Schätze unserer Gesellschaft, die es zu bewahren gilt: https://orf.at/stories/3126783/
Wenn Europa funktionieren soll, dann muss es ein „Europa der Regionen“ sein!
Ist das nur ein Schlagwort? Nein! Es bedeutet, dass lokale und regionale Entscheidungsstrukturen zu den Grundvoraussetzungen für eine nachhaltig positive Entwicklung gehören.
Denn eine solche Entwicklung verlangt Eigenverantwortung und Eigeninitiative. Diese Haltungen wachsen in einem Klima des Handlungsspielraums und der eigenen Kompetenzen.
Wir sehen weltweit, dass ländliche Räume ausdünnen und urbane Zentren überlastet werden. Das führt zu Überalterung, wirtschaftlicher Schwäche und einer Abwärtsspirale in den ländlichen Räumen. Und es führt zu Arbeitslosigkeit, Verlendung und Kriminalität in urbanen Zentren.
Und in der Einstellung vieler Menschen führt es zu einer Entfremdung, zu gegenseitigem Unverständnis zwischen „Landmenschen“ und „Städtern“. Das drückt sich auch in Wahlergebnissen aus. Das oben erwähnte Beispiel Frankreichs ist für Europa extrem. Für andere Teile der Welt ist es durchaus typisch.
Nirgendwo funktioniert das Miteinander ländlicher Räume und urbaner Zentren so gut wie in Europa, das heißt: der Austausch, die gegenseitige Bereicherung. Damit das so bleibt, ist viel zu tun: Zentralistischen Tendenzen muss mit Entschiedenheit entgegengewirkt werden. Die zahlreichen EU-Programme, die auf sanfte Weise mit großer Beständigkeit den Ausgleich zwischen Stadt und Land ermöglichen, gehören gegen allerlei Begehrlichkeiten verteidigt. Und derlei gibt es viele – etwa gegen die EU-Regionalförderung, gegen die Mittel für die ländliche Entwicklung und gegen jene für die qualitativ hochwertige Lebensmittelproduktion, also die Landwirtschaft in ihrem schönsten Wortsinn. (Viele andere öffentlich eingesetzte Mittel – etwa für Bildung, Forschung, Gesundheit etc. – kommen naturgemäß überproportional Ballungszentren zugute.)
Das ist der Grund dafür, dass ich in der Vergangenheit als Vorsitzender des Europa-Ausschusses des NÖ Landtags mit Leidenschaft für die Regionalmittel gekämpft habe, und dass ich es jetzt seit bald zwei Jahren als Europa-Abgeordneter tue.
Ich schreibe das als einer, der auch ganz persönlich weder das Pulsieren der Großstädte missen möchte, noch den nachbarschaftlichen Umgang miteinander am Land; weder das Spannungsfeld von Meinungen und Kulturen in urbanen Zentren, noch die Verlässlichkeit und gegenseitige Unterstützung in ländlichen Räumen; noch die Erkenntnis, dass es auch in Städten einen sich kümmernden Nachbarn geben kann, dass es auch am Land Innovation und Kreativität gibt; und dass ein- und derselbe Mensch in mehreren dieser Welten zuhause sein kann.