Teil der Startphase des neuen Europa-Parlaments war diese Woche ein Zusammentreffen mit der slowenischen Delegation in der Europäischen Volkspartei. Bei einem Arbeitsessen konnten neue Kolleginnen und Kollegen einander kennenlernen, und schon bekannte aus der vergangenen Periode konnten das Arbeitsverhältnis vertiefen.
Wie auf Flügeln getragen kann man sich fühlen, wenn man bedenkt, dass wir heute in einem gemeinsamen Parlament an dem einen „Familientisch“ Europas sitzen, während die Vergangenheit von Grenzziehungen und weit Schlimmerem geprägt war.
Bewusst geworden ist mir in dem Gespräch, dass meine größte Sorge für das Miteinander in Europa, nämlich jene um das gute Verhältnis zwischen Ost- und Westeuropa, sehr, sehr begründet ist.
Ich bin fest davon überzeugt, dass „wir“ Westeuropäerinnen und -europäer schon im Sprachgebrauch darauf achten müssen, dass etwa die Rede von „mehr als acht Jahrzehnte des Friedens“ nicht auf alle Teile Europas zutrifft, weil bis vor drei Jahrzehnten Osteuropa noch unfrei unter kommunistischer und in vielerlei Hinsicht unter fremder Herrschaft war; dass die Nennung von Schuman, Adenauer und De Gasperi als Gründerväter der europäischen Integration nicht falsch ist, aber unzureichend, weil es auch und gerade in Osteuropa Kämpferinnen und Kämpfer für die Freiheit und das gemeinsame Europa gegeben hat und gibt.
Ja, da geht es vielfach um Symbole, aber nicht nur: denn aus einer Haltung folgen Handlungen. Wir Österreicherinnen und Österreicher können und müssen dazu beitragen, dass in der Haltung in Westeuropa gegenüber Osteuropa mehr Zutrauen und Vertrauen entwickelt wird, und dass umgekehrt in der Haltung in Osteuropa gegenüber Westeuropa die Skepsis abnimmt.
Die Auswahl der Personen für die EU-Spitzenfunktionen in den vergangenen Wochen bringt die West-Ost-Breite des Kontinents und der EU noch nicht ausreichend zum Ausdruck. Papst Johannes Paul II. sprach davon, dass Europa „zwei Lungenflügel“ habe, und er hat ja maßgeblich dazu beigetragen, dass diese zwei Lungenflügel verbunden werden. Wir dürfen und müssen täglich dazu beitragen, dass Europa auch mit beiden Lungenflügeln atmet.