Ja zum Abstandhalten – Ja zur Datenaufzeichnung – Beispiel Südkorea

Südkorea hat zu einem sehr frühen Zeitpunkt sehr rigorose Maßnahmen gesetzt – und damit sehr große Erfolge erzielt. Südkorea darf und soll man als Beispiel dafür heranziehen, wie der Pandemie effektiv begegnet werden kann. Als Vorsitzender der Korea-Delegation des Europäischen Parlaments beobachte ich die Entwicklung in Südkorea und die Lehren, die zu ziehen sind, sehr genau. Nach dem Ausbruch der Krankheit in Europa war wohl Österreich unter den Staaten, die am schnellsten und konsequentesten agiert haben und agieren.

Ich erinnere mich noch an die ersten Tage des Ausbruchs der Krankheit in Südkorea. Damals staunte man nicht schlecht darüber, dass der Staat abertausende Soldatinnen und Soldaten gleichzeitige unter Quarantäne gestellt hatte. Heute wissen wir, wie wichtig das war, wie weise. Korea hat eine Todesrate von 0,8 Prozent. Tragischerweise ist das bisher deutlich unter dem Durchschnitt, wie auch ein Blick auf diese vermutlich derzeit weltweit informativste Seite zu den konkreten Zahlen zeigt.

In dieser Studie zum Pandemie-Management in Südkorea finden sich zahlreiche Hinweise auf wichtige Maßnahmen:

Grundsätzliches:

  • Abstand zu halten („social distancing“) war und ist entscheidend
  • Bereitwillige und initiative Information an die politisch Verantwortlichen in anderen Teilen der Welt über die Erfahrungen mit der Pandemie – ein echt solidarisches Verhalten, verstanden als „Bringschuld“, wertvoll für uns
  • Transparente und schnelle Information seitens der politisch Verantwortlichen an die Bürgerinnen und Bürger – wie immer erhöht Transparenz das Vertrauen.

Bestimmung gefährdeter Personen:

  • Feststellung der Begegnungen mit Infizierten anhand der Handy-Bewegungsdaten und der Orte von Kreditkarten-Transaktionen – anonymisiert, aber für die Betroffenen sehr hilfreich. In Österreich haben wir das Glück, eine ähnliche Technologie anwenden zu können. Dazu gab es kurz eine Diskussion, die aber zum Wohl von uns allen abgeflaut ist.
  • Einstufung von Personen als gefährdet, die sich innerhalb der Inkubationszeit in Staaten mit besonders vielen Fällen aufgehalten haben, konkret in China, Japan, Italien oder dem Iran.
  • Untersuchung auch von Verstorbenen auf Anzeichen einer Covid19-Infektion; sollte dieses Untersuchung positiv auffallen werden die Kontaktpersonen der verstorbenen Person ebenfalls als gefährdete Personen eingestuft.

Logistik:

  • Ausrollung einer eigenen App – die nur mit Einverständnis zur Anwendung kommt – namens „Safety Protection App“, die Behörden dann alarmiert, wenn die Quarantäne nicht eingehalten wird.
  • Tests für Hochrisikopatientinnen und -patienten, es wurden auch Drive-In-Teststationen für Schnelltests eingeführt. Solche Drive-In Tests gibt es teils schon in Westösterreich, nun sollen sie auch in Ostösterreich kommen. Gestern erst hat mich ein freiwilliger Rettungssanitäter darauf hingewiesen, ich habe das sofort an die Verwaltung weitergegeben, heute schon bekomme ich die Information, dass die Drive-In-Teststationen schnell weiter umgesetzt werden. Das ist ein Beispiel dafür, was ich seit Tagen wahrnehme, das in Österreich derzeit wirklich an jeder Stelle Menschen schnell, verlässlich und genau handeln. Das tut gut.
  • Minder schwere Fälle werden in so genannten „provisorischen Behandlungszentren“ („temporary treatment facilites“) behandelt, damit die Betten für eine intensivmedizinische Behandlung für die besonders schweren Fälle zur Verfügung stehen.

Reisen:

  • Von Auslandsreisen heimkehrende Bürgerinnen und Bürger müssen für die Inkubationszeit (14 Tage) täglich mit der App zur Selbstdiagnose ihren Status messen.
  • Für Einreisende aus bestimmten Teilen der Welt wurden schon frühzeitig „besondere Einreisebestimmungen“ erlassen, darunter auch die verpflichtende Nutzung einer mobilen App zur „Selbstdiagnose“, für einzelne Teile der Welt wurde die Einreise gänzlich untersagt.
  • Bürgerinnen und Bürger, die in Kontakt mit Infizierten waren, dürfen für die Inkubationszeit (14 Tage) nicht ausreisen – eine wertvolle und echt solidarische Schutzmaßnahme für andere Teile der Welt.

Die Menschen in Südkorea verfügen über viel Bildung, eine hochentwickelte Wirtschaft und einen Arbeitsmarkt mit zahlreichen hochqualifizierten Fachkräften. Südkorea ist sowohl in politischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht einer der stärksten Partnerstaaten der Europäischen Union. Etwa der Freihandel zwischen Südkorea und der EU bringt beiderseitig viel Wohlstand. Konkret resultierte daraus bisher für uns sogar ein Außenhandels-Überschuss. Das enge Verhältnis, die vertrauensvolle Partnerschaft zwischen der EU und Südkorea sind in Zeiten der Pandemie-Krisenbewältigung sicher besonders wertvoll.

Ich informiere auch meine Kolleginnen und Kollegen in der Delegation über diese Entwicklung in Südkorea und lade dazu ein, dass wir die enge Vernetzung besonders jetzt zum Wohl von uns Europäerinnen und Europäern nützen.

Übrigens habe ich unlängst – aber vor dem Verständnis von Covid als Pandemie – mit einem in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul wohnhaften Vertreter der Hanns Seidel Stiftung ein Podcast-Gespräch aufgenommen.

20. März 2020 Blog Pandemie-Krise, Süd- und Nordkorea

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