Nein zur Todesstrafe

In den USA gibt es den Plan, auf Bundesebene wieder Todesstrafen zu vollstrecken: https://www.n-tv.de/politik/US-Regierung-kehrt-zur-Todesstrafe-zurueck-article21169374.html

Das ist schockierend. Es passt nicht zu den europäischen Werten, die deshalb „europäisch“ genannt werden können, weil sie am längsten und intensivsten in Europa entwickelt wurden. Ihre Wurzeln sind freilich nicht nur in Europa. Und ihre Gültigkeit ist universal.

Die Idee der unveräußerlichen Menschenwürde gehört zu ihnen und jene von der Unverfügbarkeit menschlichen Lebens. Das heißt, dass der Mensch sich nicht anmaßen darf, über das Leben eines anderen Menschen zu verfügen.

Täglich wird gegen diese Werte verstoßen. Warum regt es dann so auf, wenn eine US-Administration mit dem Gedanken spielt, Todesstrafen erstmals seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten und inmitten einer landesweiten Zurückdrängung der Todesstrafe, die seit Jahrzehnten läuft, wieder zu exekutieren?

Die Antwort ist sicher vielfältig. Einige Aspekte möchte ich hier reflektieren:

Karl Kraus wird sinngemäß mit den Worten zitiert, dass was Deutsche und Österreicher am meisten voneinander unterscheide – ja sogar trenne! die gemeinsame Sprache sei. Dieser Kalauer ist gleichzeitig ein Gedanke voller tiefgründiger Wahrheit, denke ich.

Ähnlich verhält es sich mit uns Europäerinnen und Europäern diesseits des Atlantik und den Amerikanerinnen und Amerikanern auf der anderen Seite: Was uns voneinander entfremdet, ist die gemeinsame Kultur.

Ja, die gibt es! Mit der Lebenskultur keines Teils der Welt ist unsere in Europa so ähnlich wie mit jener der Menschen in den USA.

Gerade deshalb fällt uns alles, was uns unterscheidet, besonders deutlich auf. Sehr schnell sind wir dann belustigt oder schütteln den Kopf. Oder wir sind erbost, weil wir die Todesstrafe als das erkennen, was sie ist: eine Handlung von jener Art, wie Menschen niemals anderen Menschen gegenüber handeln sollten, noch dazu eine irreversible.

Das ist wohl auch der Grund dafür, dass wir die zur Potenz vielfach größere Zahl an Todesurteilen samt Vollstreckungen in anderen Teilen der Welt kaum thematisieren. Aber wenn es um die USA geht, wird Europa sehr deutlich, zumindest das offizielle Europa: https://www.zeit.de/politik/2019-07/todesstrafe-usa-eu-verurteilung-hinrichtungen-bundesebene

Das ist auch gut so. Denn unter Freunden muss man umso mehr Klartext sprechen dürfen, und sollte auch umso mehr zuhören. Insofern es „Freunde“ auf der Weltbühne gibt, sind die EU und die USA auf der Basis gemeinsamer Werte sowie der entschiedenen Haltungen für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Freunde.

Ich werde in den kommenden Wochen auch meine persönlichen Kontakte mit US-Offiziellen dafür nützen, die Todesstrafe zu thematisieren.

Um nicht heuchlerisch zu werden, dürfen wir nicht übersehen, dass historisch die oben skizzierten europäischen Werte nirgendwo und nie so mit Füßen getreten wurden wie in Europa, und dass es maßgeblich die USA waren, die uns vom nationalsozialistischen Verbrecherstaat befreit haben. Auch aus dieser Geschichte kann Freundschaft wachsen, die ein offenes Wort nicht nur verträgt, sondern geradezu verlangt: Nein zur Todesstrafe, ohne Wenn und Aber.

28. Juli 2019 Blog

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