Utl.: EU-Staaten und Europaparlament einigen sich auf Gesetzestexte
Brüssel (APA/dpa) – Das Asylsystem in der EU wird grundlegend reformiert. Nach jahrelangen Diskussionen verständigten sich Vertreter der EU-Staaten und des Europaparlaments final auf entsprechende Gesetzestexte, wie die spanische Ratspräsidentschaft und die EU-Kommission am Mittwoch in der Früh mitteilten. Vorgesehen sind zahlreiche Verschärfungen der bisherigen Regeln. Ziel ist es, die irreguläre Migration einzudämmen.
Die Einigung muss noch vom Plenum des Europaparlaments und den EU-Staaten bestätigt werden. Das ist normalerweise eine Formalität.
Künftig soll es einheitliche Grenzverfahren an den EU-Außengrenzen geben. Geplant ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Bis zur Entscheidung über den Asylantrag sollen die Menschen unter haftähnlichen Bedingungen in Auffanglagern untergebracht werden können.
Die Verteilung der Schutzsuchenden unter den EU-Staaten wird den Plänen zufolge mit einem „Solidaritätsmechanismus“ neu geregelt: Wenn die Länder keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, müssen sie Unterstützung leisten, etwa in Form von Geldzahlungen. Abgelehnte Asylbewerber sollen künftig leichter in sichere Drittstaaten abgeschoben werden.
An der Reform wird bereits seit der Flüchtlingskrise 2015/2016 intensiv gearbeitet. Damals waren Länder wie Griechenland mit der immensen Zahl an Menschen aus Ländern wie Syrien überfordert und Hunderttausende konnten unregistriert in andere EU-Staaten weiterziehen.
Dies hätte eigentlich nicht passieren dürfen, denn nach der sogenannten Dublin-Verordnung sollen Asylbewerber da registriert werden, wo sie die Europäische Union zuerst betreten haben.
Daraufhin schlug die EU-Kommission erstmals bereits 2016 neue Regeln vor. Die Verhandlungen gestalteten sich allerdings bis zuletzt als sehr zäh. Während Ländern wie Ungarn die Vorschläge nicht scharf genug waren, äußerten Hilfsorganisationen und Teile von Linken und Grünen Bedenken, dass die Menschenrechte bei den Asylverfahren nicht genügend geachtet würden.
Dementsprechend unterschiedlich fielen auch die Reaktionen auf das Verhandlungsergebnis aus. Die österreichischen ÖVP-Abgeordneten Angelika Winzig und Lukas Mandl zeigten sich in einer Presseaussendung erfreut über die Einigung. „Als nächste Schritte muss die EU viel mehr geopolitisches Gewicht entwickeln, um mit anderen Teilen der Welt wirksame Abkommen gegen irreguläre Migration treffen zu können“, sagt Mandl. Für einen „robusten Außengrenzschutz“ müsse zudem die EU-Grenzschutzagentur Frontex stärker unterstützt werden. Positiv fiel auch das Fazit von ÖVP-EU-Mandatar Othmar Karas aus. „Einmal mehr zeigt sich: Wenn der politische Wille vorhanden ist, liefern wir Lösungen“, schrieb er auf der Online-Plattform X (früher: Twitter).
Erfreut zeigten sich auch die EU-Spitzen: Laut Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellt dieses Migrations- und Asylpaket sicher, dass es „eine effektive europäische Antwort auf diese europäische Herausforderung gebe.“ Die EU-Parlamentspräsidentin meint dann, dieser Tag „werde in die Geschichte eingehen“ – sie sei „stolz“ auf den Migrationspakt.
Die grüne Fraktion im Europaparlament will die ausverhandelten Gesetzestext nun „genau prüfen und bewerten“. „Wir müssen ein europäisches Migrations- und Asylsystem aufbauen, das Ordnung herstellt und Menschenrechte respektiert“, kommentierte die grüne Ko-Fraktionsvorsitzende Terry Reintke in einer Aussendung. „Die Reform wird nicht das gewünschte Ergebnis bringen, stattdessen werden Grenzverfahren und Inhaftierung großes menschliches Leid und immense Probleme bei der Umsetzbarkeit für die Mitgliedstaaten mit sich bringen.“
Dass der beschlossene Kompromiss nicht zu einer Lösung der Asylprobleme der EU führen wird, befürchtet dann auch die christliche Hilfsorganisation Caritas Europa. „Anstatt das EU-Asylsystem zu stärken und gerechter zu gestalten, ziehen es die EU-Mitgliedstaaten vor, ihre Asylzuständigkeit auf Nicht-EU-Länder zu verlagern, Ankünfte zu verhindern und die Rückführung zu beschleunigen, wodurch Migranten Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt werden.“