Aktuelle APA-Meldung: „Freunde des Westbalkans“ wollen EU-Erweiterung vorantreiben

Utl.: Schallenberg-Initiative bei Europaforum Wachau – „EU-Beitritt muss mehr sein als Zukunftsmusik“ – Grüne kritisieren Nehammers Einladung an Meloni

Wien (APA) – Zur beschleunigten Heranführung des Westbalkans an die Europäische Union will Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) beim Europaforum Wachau am Freitag eine neue Kerngruppe von EU-Staaten präsentieren. Zusammen mit Griechenland, Italien, Kroatien, der Slowakei, Slowenien und Tschechien will Österreich als „Freunde des Westbalkans“ („Friends of the Western Balkans“) endlich „Nägel mit Köpfen machen“, teilte das Außenministerium im Vorfeld mit.

Ausgangspunkt des neuen Freundeskreises ist der 20. Jahrestag des EU-Westbalkan-Gipfels von Thessaloniki vom 21. Juni 2003, der damals die europäische Perspektive für die Region bekräftigt hatte. Die EU müsse „den Erweiterungsprozess für Südosteuropa endlich entschieden vorantreiben“, hieß es am Mittwoch aus Außenministerium in Wien. „Bei allem richtigen Fokus auf die Ukraine darf die EU die Staaten Südosteuropas nicht aus den Augen verlieren.“

Neben den Westbalkan-Staaten Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Albanien, Kosovo und Nordmazedonien haben seit dem Vorjahr auch die Ukraine und Moldau offiziellen EU-Beitrittskandidatenstatus. Dies hat vor allem in Österreich eine gewisse Besorgnis ausgelöst, dass der Westbalkan dadurch ins Hintertreffen geraten könnte. Über die Aufnahme von Beitrittsgesprächen müssen die EU-Staaten im Falle der Ukraine und Moldaus noch einstimmig entscheiden.

Schallenberg will seine „Freunde des Westbalkans“-Initiative am Freitag beim Europaforum Wachau im Stift Göttweig präsentieren. Auf Einladung des Außenministers kommen drei seiner zentraleuropäischen Kollegen nach Göttweig: die Außenminister Miroslav Wlachovský (Slowakei), Jan Lipavsky (Tschechien) und Gordan Grlíc Radman (Kroatien). Auch der US-Sondergesandte für den Westbalkan, Gabriel Escobar, nimmt an der Veranstaltung teil. Zusammen mit dem State Department bringt das Außenministerium führende Mitglieder der bosnischen Zivilgesellschaft und der Diaspora in Österreich ins Stift Göttweig.

Alle Außenminister der „Freunde des Westbalkans“ wollen die „Göttweiger Erklärung“ mittragen, die beim Europaforum verabschiedet wird. Diese fordert nach Angaben des Außenministeriums, die Westbalkan-Region im Sinne einer „graduellen und beschleunigten Integration“ bereits vor einem EU-Vollbeitritt stärker in europäische Politiken und Gremien einzubinden. Gerade im Kontext des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine müsse es im Interesse der EU sein, sich mit den Westbalkan-Partnern in der Außen- und Sicherheitspolitik viel enger auszutauschen.

„Die Freundesgruppe wird Taktgeber für eine Region sein, der wir seit über 20 Jahren im Wort sind, Teil der EU-Familie zu werden“, sagte Schallenberg laut Aussendung im Vorfeld des Treffens. Der Westbalkan sei umgeben von EU-Staaten, ohne sie sei die Europäische Union nicht vollständig. „Nun gilt es, unseren Worten endlich Taten folgen zu lassen: Der EU-Beitritt muss mehr sein als Zukunftsmusik. Wenn wir ein Signal an unsere Nachbarn im Osten schicken, müssen wir auch unsere geopolitische Verantwortung gegenüber dem Südosten Europas wahrnehmen“, so Schallenberg.

Als „gefährliches Signal der Eskalation“ kritisierte unterdessen Michel Reimon, Europasprecher der Grünen, die Einladung der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zum Europaforum Wachau durch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). „Es ist beschämend und besorgniserregend, wie ungeniert die Anbiederung der Konservativen an Rechtsextreme mittlerweile stattfindet“, beanstandete die grüne Delegationsleiterin im Europaparlament, Monika Vana. „Das Hofieren Melonis ist ein Schlag ins Gesicht für all jene, die für ein offenes Europa, Menschenrechte und Gleichstellung eintreten. Die Postfaschistin Meloni steht für eine Entwicklung der EU, die wir Grüne strikt ablehnen.“ „Es scheint sich hier weniger um ein neutrales Europa-Forum und mehr um eine ÖVP-Veranstaltung mit Antidemokraten als Gäste zu handeln“, so die Klubobfrau der Grünen Niederösterreich, Helga Krismer.

Als „völlig ahnungslos“ bezeichnete der ÖVP-Europaabgeordnete Lukas Mandl die Kritik der Grünen. „Giorgia Meloni hat als Regierungschefin bisher gute Arbeit geleistet: Proeuropäisch und konstruktiv. Kein einziges der Adjektive, die von den Grünen auf Meloni gemünzt werden, ist durch Melonis Politik als Regierungschefin gerechtfertigt“, sagte Mandl.

Auch SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder kritisierte, die „ÖVP rückt auch europapolitisch weiter nach rechts“. Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) rolle „der postfaschistischen italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni – der Gallionsfigur der europäischen Rechten – den Teppich aus. Ein weiteres klares Signal, in welche Richtung sich die ÖVP entwickelt. In Österreich stimmen ÖVP-Bundes- und Landespolitiker in die Rufe nach einer „Festung Europa“ mit ein.“

21. Juni 2023 Presseartikel EU, EU-Außenpolitik, Europa, Europäische Union, Europäisches Parlament, Europaparlament, Geopolitik, Haltung und Grundsätze, Österreich, Sicherheit

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