„Das Gemeinsame über das Trennende stellen“ – Transparenz schafft Vertrauen, Paketlösung ist das Ziel
Straßburg (OTS) – „Die Schweiz gehört zur europäischen Staatenfamilie, sie leistet weltweit viel für Vermittlung und Frieden. Die Schweiz profitiert vom Binnenmarkt mehr als von jedem anderen Markt und sie trägt zum Binnenmarkt maßgeblich bei. Das Verhältnis zwischen der EU und der Schweiz würde durch mehr gegenseitiges Vertrauen deutlich verbessert. Eine Voraussetzung für Vertrauen ist Transparenz. So plädiert das Europäische Parlament im Schweiz-Bericht für mehr Transparenz, etwa zur Wirklichkeit der Arbeitnehmer-Freizügigkeit oder der Sicherstellung fairer Marktbedingungen durch den Europäischen Gerichtshof. So können wir jenen Vertreterinnen und Vertretern der Schweiz, die etwa zu diesen Bereichen offene Fragen haben, Antworten geben und Sorgen nehmen“, erklärt der österreichische Europaabgeordnete Lukas Mandl, der als sogenannter Berichterstatter der Chefverhandler des Europaparlaments zum Schweiz-Bericht ist. Über Mandls Bericht wird morgen, Mittwoch, im Plenum abgestimmt. Im zuständigen Ausschuss wurde der Bericht mit 51 Stimmen dafür und drei Gegenstimmen angenommen.
Mandl hatte die Funktion des Chefverhandlers kurz vor dem Abbruch der Verhandlungen der exekutiven Ebenen zwischen dem Schweizer Bundesrat und der EU-Kommission übernommen. Das war vor zweieinhalb Jahren. „Zahlreiche Konsultationen mit Schweizerinnen und Schweizern folgten, nicht nur in der Politik, sondern in Wissenschaft und Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Medien, in der Verwaltung und im Sicherheitsbereich“, berichtet Mandl und ergänzt: „Ich bin dankbar, dass innerhalb des Europäischen Parlaments mit Andreas Schieder ein weiterer Österreicher konstruktiv und kreativ mitverhandelt hat, als Vertreter der sozialdemokratischen Fraktion.“
Zwtl.: Mehr Miteinander „zum Greifen nah“ und „Frage des guten Willens“
„Es kam nicht zu einem Rahmenvertrag zwischen der EU und der Schweiz. Der Abbruch der entsprechenden Verhandlungen vor zweieinhalb Jahren war der Tiefpunkt der institutionellen Beziehungen. Die menschlichen Beziehungen zwischen Unionsbürgerinnen und -bürgern mit Schweizerinnen und Schweizern sind ja hervorragend. Was jetzt institutionell angestrebt wird, ist eine Paketlösung. Es braucht neue Vereinbarungen, denn der aktuelle Stillstand bedeutet Rückschritt. Die vielen bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU wurden unter völlig anderen Bedingungen verhandelt und geschlossen. Mit Blick auf eine Paketlösung drängen wir die EU-Kommission dazu, in Zukunft ohne Tunnelblick zu verhandeln, stattdessen die vielen wertvollen Beiträge der Schweiz zum Gelingen Europas und zu Europas weltweiter Stärke mehr in den Blick zu nehmen“, sagt Mandl.
„Umgekehrt ist der Schweizer Bundesrat eingeladen, die Möglichkeiten und Synergien zu sehen, die in einer besser abgesicherten Kooperation liegen. In den Verhandlungen zwischen der Kommission und dem Bundesrat geht es nicht darum, welche Seite gewinnt, sondern darum, dass beide Seiten gewinnen. Dieses Ziel ist zum Greifen nah. Es ist eine Frage des guten Willens“, erklärt Mandl und betont: „Die Kolleginnen und Kollegen im Schweizer Parlament sowie die Kantone leben eine sehr konstruktive Partnerschaft für ein gutes Miteinander. Ich bin sehr dankbar für diese Zusammenarbeit. Wir müssen das Gemeinsame über das Trennende stellen.“
Zwtl.: Fokus Sicherheit und Wissenschaft
Neben institutionellen Fragen wie jener des Arbeitsmarkts und des Europäischen Gerichtshofs fokussiert Mandls Bericht besonders auf Geopolitik, Sicherheit und Wissenschaft. „Es ist sehr zu begrüßen, dass die Schweiz überlegt, sich an der permanenten strukturierten Zusammenarbeit der Streitkräfte (PESCO) zu beteiligen, wie es etwa das Vereinigte Königreich schon tut. Und das Europäische Parlament möchte eine Rückkehr der Schweiz in das EU-Forschungsrahmenprogramm ‚Horizon Europe‘. Das wird den Wissenschafts- und Innovationsstandort Europa insgesamt stärken“, sagt der österreichische Europaabgeordnete.