Aktuelle APA-Meldung: EU-Parlamentarier fordern Polen zur Umsetzung von EuGH-Urteilen auf


Warschau/Brüssel (APA) – Eine EU-Parlamentsdelegation hat am Mittwoch Polen zum Streit um die Unabhängigkeit der Justiz besucht. Die Abgeordneten, darunter der Erste Vizepräsident des EU-Parlaments Othmar Karas (ÖVP), forderten die Regierung in Warschau zur Umsetzung von EuGH-Urteilen auf. Sie beklagten zugleich, dass polnische Regierungsvertreter nicht zu einem Treffen mit der neunköpfigen Delegation bereit gewesen seien.

Karas forderte insbesondere, dass Polen das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Juli 2021 „vollständig zu hundert Prozent“ umsetze, wonach die umstrittene Disziplinarkammer zur Bestrafung von Richtern gegen EU-Recht verstößt. Im Oktober verhängte der EuGH eine Strafzahlung von einer Million Euro pro Tag, an dem sich Polen weigerte, die Institution aufzulösen. „Wir fordern, dass die EU-Kommission kein Geld aus dem Recovery Fund freigibt, solange das Urteil nicht ganz umgesetzt ist“, sagte Karas.

Der Vorsitzende des Innenausschusses im EU-Parlament, Juan Fernando Lopez Aguilar, sagte, das Europäische Parlament schütze auch die Interessen polnischer Bürger. Wenn es keine Befolgung von EU-Recht gebe, müssten Strafen die Folge sein. „Das ist ernst genug“, so der spanische Sozialist. Die Gelder aus dem Wiederaufbau-Fonds würden dann eingefroren, „ein sehr besorgniserregender Horizont“.

Karas verwies auch auf die aktuellen Spannungen mit Russland in der Ukraine-Krise. „Der Krieg in der Ukraine hat vor acht Jahren begonnen, nicht wegen der NATO-Erweiterung, sondern weil sich die Ukraine für europäische Werte entschieden hat.“ Diese Werte würden die Europäer mehr als alles andere definieren.

In den vergangenen drei Tagen führten die Parlamentarier, darunter auch der ÖVP-Europaabgeordnete Lukas Mandl, Gespräche mit Richtern, Staatsanwälten, Medien und Vertretern der Zivilgesellschaft. Die deutsche Sozialdemokratin Gabriele Bischoff forderte den EU-Ministerrat auf, das laufende Artikel-7-Rechtsstaatsverfahren gegen Polen voranzutreiben. Die EU-Parlamentarier hätten auch Klagen von Migranten, Frauen und LGBTIQ-Vertretern gehört, dass Polen die EU-Grundrechtecharta nicht achte. Die Delegation werde nunmehr Empfehlungen vorlegen, sagte sie. Dazu würden auch Erkenntnisse aus dem Pegasus-Spionageskandal zählen.

23. Februar 2022 Presseartikel Außenpolitik, Europäische Union, Europäische werte, Europaparlament, Grundrechte, Justizwesen, parlamentarische Arbeit, Polen, Rechtsstaatsmechanismus, Rechtsstaatsverfahren, Vertragsverletzungen, Zusammenarbeit der EU Mitgliedsstaaten

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