Brüssel/Budapest/Warschau – Das Europaparlament will die EU-Kommission wegen Untätigkeit beim Schutz der Rechtsstaatlichkeit vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) klagen. Über eine entsprechende Resolution stimmen die EU-Parlamentarier am Donnerstag in Straßburg ab. Gegen eine Klage sprach sich am Dienstag die ÖVP-Delegation aus. „Ich finde das überzogen“, sagte ÖVP-Delegationsleiterin Angelika Winzig. Die EU-Kommission erstelle gerade Leitlinien, eine Lösung durch Dialog wäre besser.
Der Rechtsstaatsmechanismus für das neue EU-Budget gilt seit Jahresbeginn. Bisher habe die EU-Kommission möglicherweise betroffene EU-Staaten noch nicht einmal schriftlich benachrichtigt und eine Frist des EU-Parlaments Anfang Juni verstreichen lassen, lautet die Kritik der EU-Abgeordneten. Jede Minute ohne Anwendung des Rechtsstaatsmechanismus wäre ein Wahlkampfgeschenk für den ungarischen Premier Viktor Orban, sagte die grüne Delegationsleiterin Monika Vana.
„Die aktuelle Entwicklung ist eine Enttäuschung“, sagte die SPÖ-Europaabgeordnete Bettina Vollath. Die EU-Kommission lasse sich das Tempo von Polen und Ungarn diktieren, während beide EU-Staaten, gegen die ein EU-Rechtsstaatsverfahren läuft, jedes Mittel nutzen würden, um den Rechtsstaatsmechanismus wieder entgleisen zu lassen. Die EU-Kommission hätte die Pflicht, diesen Mechanismus bereits seit Jahresbeginn anzuwenden, sagte auch die NEOS-Europaabgeordnete Claudia Gamon. „Die EU-Gelder müssen vor den Machenschaften in Polen und Ungarn geschützt werden.“
Sollte die Resolution am Donnerstag eine Mehrheit erhalten, würde EU-Parlamentspräsident David Sassoli von den Abgeordneten aufgefordert, die EU-Kommission zu Schritten aufzufordern, die dann zwei Monate Zeit für eine Stellungnahme hätte. Erst danach würde die Untätigkeitsklage eingereicht werden.
Winzig widersprach Vorwürfen, die ÖVP stelle sich schützend vor die ungarische Regierungspartei Fidesz. „Die ÖVP stellt sich schützend vor das Geld der Steuerzahler, da hat Korruption keinen Platz“, sagte sie. Der ÖVP-Europaabgeordnete Lukas Mandl sagte, er sei nicht gegen eine Klage, diese würde aber nur zu noch weiteren Verzögerungen führen. (APA)